Rezension

Johannes Lindenmeyer
„Lieber schlau als blau - Entstehung und Behandlung von Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit"

7. überarbeitete und erweiterte Auflage mit CD-Rom. Weinheim: BeltzPVU, 2005. 256 Seiten. Gebunden.
ISBN 978-3-621-27562-0
29,90 €


Wer am Anfang einer Entwöhnungsbehandlung steht, hat meistens zahlreiche Fragen. Wie konnte es zu der Abhängigkeit kommen? Was erwartet mich in der Therapie? Wie kann ich die Zukunft suchtmittelfrei gestalten? Eine Antwort auf diese Fragen gibt das Buch „Lieber schlau als blau“ von Johannes Lindenmeyer.

Der Autor, Psychologe und Direktor der im brandenburgischen Lindow gelegenen Salus-Klinik, wendet sich primär an Alkohol- und Medikamentenabhängige sowie deren Angehörige, kann aber auch Therapeuten als Arbeitsmaterial dienen. Auf knapp 200 Seiten versucht der Autor die Entstehung einer Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit zu erklären, die Funktion der Entwöhnungsbehandlung darzulegen und die Problematik des Rückfalls zu thematisieren. Dabei stellt er zum einen grundlegende Mechanismen, die jeder Abhängigkeitserkrankung zugrunde liegen, dar, geht aber auch auf die Besonderheit des Suchtmittels Alkohol bzw. Medikamente ein. Für den medizinischen Laien interessant sind vor allem die physiologischen Prozesse, die der Entwicklung einer körperlichen Alkoholabhängigkeit zugrunde liegen. Dabei gelingt es Lindenmmeyer, auch komplexe biologische Zusammenhänge umfassend darzustellen, ohne ein Zuviel an Fachausdrücken zu verwenden, die den Leser eventuell überfordern könnten.

Neben der Beschreibung der Entstehung einer Abhängigkeitserkrankung widmet sich der Autor ausführlich der Darstellung der Entwöhnungsbehandlung (stationär vs. ambulant; Kurzzeit- vs. Langzeittherapie). Zum Schluss befasst sich Lindenmeyer mit der Problematik des Rückfalls. Dabei versucht er, dieses angstbesetzte Thema nüchtern anzugehen. Neben der Beschreibung, wie es überhaupt zum Rückfall kommen kann und der Darstellung typischer Rückfallsituationen, widmet Lindenmeyer sich vor allem der Problematik, wie es nach einem eingetretenen Rückfalls weitergehen soll. Dabei betont er, dass ein Rückfall als solcher durchaus zum Krankheitsbild gehört, es vielmehr relevant ist, dass der Betroffene lernt, wie er aus der Rückfallsituation zügig wieder herauskommt, bevor größerer Schaden eingetreten ist.

Jedes der 12 Kapitel wird mit einer kleinen Anekdote eingeleitet, die das jeweilige Thema umreißt; am Ende jedes Abschnitts befindet sich ein ausführlicher Fragebogen, den der Betroffene für sich oder aber mit seinem Therapeuten durchgehen kann. Die neueste Auflage thematisiert neben der Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit auch die weitverbreitete Nikotinabhängigkeit und ist zudem mit einer CD-Rom ausgestattet, die wesentliche Kapitel des Buches in Kurzform sowie den kompletten Fragebogen enthält. Insgesamt stellt „Lieber schlau als blau“ ein abwechslungsreich gestaltetes Buch dar, das sehr informativ ist und sich an eine breite Leserschaft wendet – und das es wert ist, gelesen zu werden, auch wenn der Konsum sich noch im missbräuchlichen oder riskanten Stadium befindet. Denn der Darstellung der Prozesse, die jeder Abhängigkeitserkrankung zugrunde liegen, kann durchaus auch eine präventive Funktion zukommen.

Rezensentin: Christina Boccolari

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